Anhand bestimmter Merkmale werden Werbemails identifiziert – und Terroristen. Doch die Programme liegen zu oft daneben.
„Vielleicht ist die Mail in Ihrem Spam-Ordner gelandet?“ Kennen Sie das? Spamfilter funktionieren eher so mittelgut: Einige richtige Mails landen im Spamordner, dafür haben Sie im Postfach lauter ungewollte Werbung. Sie können den Spamfilter strenger einstellen, dann haben Sie weniger Werbung im Postfach – dafür aber auch mehr richtige Mails, die fälschlicherweise als Spam erkannt wurden.
So ein Spamfilter erkennt ungewollte Werbung anhand verschiedener Merkmale: Absender, Schlüsselwörter und so weiter. Und manchmal treten auch bei normalen Mails Kombinationen dieser Merkmal auf, die dazu führen, dass sie für Spam gehalten werden. Die Geheimdienste betreiben quasi Spamfilter für Terroristen: Sie sammeln alle Daten, derer sie habhaft werden können und versuchen die Muster zu erkennen, die sie für terrorverdächtig halten.
Das Problem ist nur: Terrorismus ist äußerst selten – im Gegensatz zu Spam. Und zum Beispiel die Terroristen von Paris haben wenig gemeinsam mit einem Anders Breivik. Entweder schnüffeln die Geheimdienste umsonst in unseren Privatsphären herum, und es gehen ihnen trotzdem Terroristen durch die Lappen. Oder sie nehmen viele Menschen ins Visier, die nichts getan haben und die auch nie etwas tun wollten.
Da reicht es dann, wenn sie einige Merkmale von Terroristen haben – wie zum Beispiel eine vermeintlich zwielichtige berufliche Aufgabe. Dann werden Sie intensiver überwacht. Wenn Sie jetzt meinen, dass das nicht passiert oder dass das nicht so schlimm wäre, dann lies mal über den Soziologen Andrej Holm nach: Der, dessen Familie und Freunde wurden jahrelang von den deutschen Behörden überwacht. Und als die nichts fanden, hielt man ihn für einen besonders cleveren Terroristen und hat ihn noch viel intensiver überwacht. „Ich hab doch nichts zu verbergen,“ hat ihm dabei nicht geholfen.
Wenn eine Mail fälschlicherweise als Spam aussortiert wird, ist das meist nicht so schlimm. Wir sind aber gut beraten, unschuldige Menschen nicht auf diese Art auszusortieren.
Dieser Artikel ist zuerst bei shz.de erschienen.
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