Zur re:publica habe ich es in diesem Jahr wieder nicht geschafft – Auch wenn die Resumes zum Teil nicht so toll ausfielen: Auf einem solchen Szenetreffen kann man immer etwas lernen. Die Session zu „Netiquette for Social Networks“ hätte mich zum Beispiel interessiert. Die wurde nämlich spontan zu einer Diskussion über die Demokratisierung des Webs. Facebook lässt die Benutzer über die Nutzerbedingungen abstimmen – das kann doch nicht alles sein. Jeder Internetnutzer muss Herr seiner Daten werden.
Unkonferenzen wie die Re:Pulica leben davon, dass die Redner nicht nur ihre Ergebnisse präsentieren, sondern auch Thesen zur Diskussion stellen. So klemmte sich Ralf Bendrath von netzpolitik.org einen Stapel Ideen unter den Arm und bat auf der Veranstaltung in Berlin um Feedback.
Seine Session startete noch unter dem Titel „Netiquette for Social Networks“ entwickelte sich dann aber offenbar zusehens in eine Diskussion über Demokratie und Datenschutz in Social Networks.
Facebook = Digitaler Staat?
Facebook & Co. haben über die Jahre eine ungeheure Macht durch die vielen gesammelten Daten erworben, die sie nun wieder an ihre User abgeben müsse. Facebook hatte kürzlich angekündigt, die Benutzer ihres Dienstes künftig in die Erarbeitung der Nutzerbedingungen einzubeziehen. Vergleiche zur Staatstheorie wurden gezogen: Staatsvolk (User), Staatsgebiet (facebook.com) und Staatsgewalt (facebook als Anbieter) könnten auch auf Social Networks übertragen werden.
Jetzt nur das Staatsvolk (User) über die Verfassung (Nutzerbedingungen) abstimmen zu lassen, greif meiner Meinung nach zu kurz: Vielmehr müssen die Nutzer Herren ihrer Daten werden. Social Networks müssen viel stärker das werden, was Internet eigentlich ermöglicht: Vernetzt.
Digitale Bürger brauchen Bürgerrechte
Es gibt jetzt schon dezentrale Identity-Provider, die auf offenen Protokollen (z.B. OpenID) basieren. Damit kann man sich in den Social-Networks wie Facebook, StudiVZ oder Xing anmelden. (Zur Zeit noch nicht – aber in meiner Idee). Wenn man nun ebenfalls dezentral Profildaten an diese Identitäten bindet, kann man diese Daten den Social Networks für die Dauer der Nutzung zur Verfügung stellen und den Zugriff entziehen, wenn man das Netzwerk wieder verlässt.
Dafür ist es nötig ein Protokoll für den Zugriff auf Profildaten umzusetzen, über das zum Beispiel auch Kontakte (Freunde) verwaltet werden können und Nachrichten verschickt werden. Ich weiß gerade nicht, ob OpenSocial zum Beispiel ein passendes Protokoll wäre.
Es gäbe dann freie Software, die sich jeder, der damit umgehen kann, auf jedem beliebigen Rechner installieren kann bzw. es gibt Provider, die soetwas vorinstalliert anbieten: Mit dieser Software verwaltet man nun sein Profil. Das würde zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Zum Einen wäre jeder Internetnutzer Herr seiner eigenen Daten, zum Anderen würden die Kosten für die technische Infrastruktur für die Network-Anbieter dramatisch fallen:
Wenn sich jeder Benutzer selbst um die Speicherung von Fotos und Videos kümmert, können Profile-Provider, wie heute normale Web-Hoster, für ein paar Euro bezahlten Space anbieten und jedem wäre klar, wofür er da bezahlt: Man zahl einmalig dafür, dass man seine Daten online hat und an beliebiger Stelle nutzen kann. Zur Zeit bezahlt facebook am Tag 1 Mio. Dollar alleine für den Strom für die Server. Und die haben bisher noch keine Ahnung, wie sie Geld mit ihrem Dienst verdienen sollen. Dabei sind die Benutzerzahlen gerade dabei zu explodieren. Das können die sich nicht auf Dauer leisten. Facebook sich zu Tode.
Mit dezentralen Profilen, ist es dem digitalen Bürger möglich, die Angebote der verschiedenen Netzwerke zu nutzen und sich wieder zurückzuziehen, wenn er nicht mehr interessiert ist. Die Frage ist nur: Wenn man dezentral Profile, Kontakte, Fotos, Videos, Nachrichten vorhält – welche Funktion bietet dann facebook noch, dass man sich da unbedingt anmelden soll?
Links
- Demokratie und Datenschutz in Social Networking Sites, netzpolitik.org
- Demokratie und Datenschutz auf Facebook & Co., orf.at
Foto: boing, photocase.com
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