Zur Zeit stehen in Schweden die Betreiber der Website „The Pirate Bay“ vor Gericht. Sie sollen, wie damals Napster, dafür verantwortlich sein, dass über ihre Seite urheberrechtlich geschützte Inhalte illegalerweise getauscht werden. Darüberhinaus wird an diesem Beispiel die Frage nach dem Urheberrecht in Zeiten des Internets einmal wieder thematisiert.
Das Internet ermöglicht es, quasi kostenlos digitale Inhalte an beliebig viele Menschen zu verteilen. Es muss nicht einmal einen zentralen Distributor geben: Jeder kann theoretisch jeglichen digitalen Inhalt an jeden anderen weitergeben. Es wird keine Infrastruktur wie Presswerke oder Druckmaschinen benötigt. Ein Computer mit Internetzugang genügt – schon ist man sein eigener Distributor. P2P-Netzwerke wie Bittorrent basieren auf diesem Prinzip. Und weil damit das Internet auch noch als riesiges Archiv dient, bietet es viele Vorteile gegenüber dem klassischen Vertrieb von physikalischen Medien wie Büchern, CDs oder DVDs.
Dieser Umstand wird aber im bisherigen Urheberrecht überhaupt noch nicht reflektiert. Das geht immer noch davon aus, dass sich nur Firmen es leisten können, Inhalte in physikalischer Form zu verteilen – deswegen ist das Urheberrecht darauf ausgerichtet, dass die Rechtsabteilung des einen Unternehmens mit der Rechtsabteilung eines anderen Unternehmens Verträge darüber ausarbeitet, wie die Rechte genutzt werden dürfen. Privatleute haben in diesem Recht nichts zu suchen.
Es gibt eine Menge schlauer Menschen, die sich Gedanken darüber machen, wie man dieses Problem lösen kann. Die Tatsache allein, dass ganze Branchen vor dem Internet großartig von der Distribution gelebt haben und jetzt überflüssig werden, ist kein Grund dafür, künstliche Hürden aufzubauen: Die Pferdezucht ist nach dem Erfolg des Autos auch in eine Krise gekommen. Da hat man auch nicht festgelegt, dass jedem Auto 2 Pferde angeschnallt werden müssen. Heute gibt es mehr Pferde in Deutschland an vor hundert Jahren und Autos werden daneben auch verkauft.
Leider haben diese schlauen Leute nicht das Geld und die Lobby der Musikindustrie und so werden ihre Argumente und Vorschläge kaum gehört. Es geht ja nicht darum, dass jeder alles für lau haben will, sondern darum, dass es eine vernünftige Distribution und eine vernünftige Bezahlung gibt. Natürlich muss die Herstellung eines Kino-Films finanziert werden. Aber muss es per DVD sein?
- Muss man so ein Ding zuhause herumstehen haben?
- Muss ich mir zwangsweise vor dem Film dein Trailer „Raubkopieren ist böse“ angucken?
- Warum wird dieser Trailer den ehrlichen Käufern und nicht den Kopierern gezeigt?
- Muss ich die DVD für meinen Region-Code kaufen, obwohl mit die Extras auf der amerikanischen Version viel besser gefallen?
- Muss ich mich darüber ärgern, dass ich als Sammler eine DVD gleich bei Erscheinen kaufe, und dann später die luxuriösen DVD-Boxen mit tausenden von Extras nachgereicht werden?
- Muss ich darauf verzichten, bestimmte Filme zu gucken, nur weil sie im Moment nicht auf DVD zu bekommen sind?
Es gibt auch keinen legale Plattform, auf der man die komplette Musik bekommt. Jede Plattform hat aufgrund des Urheberrechts nur Verträge mit bestimmten großen Labels und diese Labels stellen wieder nur einen Teil ihres Fundus zur Verfügung. Wenn man spezielle Musik haben will, gibt es nur den illegalen Weg. Entsteht in diesem Moment eigentlich wirklich ein Schaden? Kann man etwas stehlen, dass man gar nicht kaufen kann? Hat etwas einen Wert, wenn es das gar nicht gibt?
Es gibt auch keine mir bekannte Möglichkeit auf legale Weise Fernsehserien aus dem Ausland in Deutschland im Original dann zu sehen, wenn sie im Ausland gezeigt werden. Die deutschen Übersetzungen sind oft schlecht und deutsche Fernsehsender zeigen einen unglaublich miesen Umgang mit Serien: Zum Beispiel werden die in den Episoden vorgesehenen dramaturgischen Pausen für die Werbung prinzipiell misachtet.
Im Internet gibt viele, tolle Chancen aber natürlich liegt auch auf der digitalen Autobahn das Geld nicht. Man muss schon seinen Kopf anstrengen, um dort Geld zu verdienen. Die Schriftstellerin Sudabeh Mohafez nahm eine E‑Mail aus dem Iran zum Anlass einmal über die eingefahrenen Denkmuster im Bezug auf Urheberrechte nachzudenken. Ihr Essay „Eine E‑Mail aus dem Nahen Osten“ enthält einige interessante Gedanken aus der Sicht eines der Leute, die laut Copyright-Lobby immer geschützt werden sollen.
Links
- Urheberrecht und Verbrechen, Interview mit dem Salzburger Richter und Betreiber der Website Internet4Jurists, Franz Schmidbauer
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